Das erste Stückchen Heimweg – Ab nach Los Angeles

Unser Wecker ging früh und noch nicht ganz wach trafen wir uns beide in der Lobby. Zum Glück hatte keiner von uns verschlafen, den am anderen Schlafraum mitten in der Nacht zu klopfen wäre nur der äußerste Ausweg gewesen. Wir trotteten zur Haltestelle, warteten kurz und starrten wenige Minuten später in die Nacht hinaus, während der Bus uns zum Flughafen in Auckland brachte. Wir dachten zurück an die letzten beiden Monate, die wir hauptsächlich auf den Fahrrädern verbracht haben. Neuseeland war ein schöner Abschnitt der Reise gewesen. Auch wenn wir manchmal etwas frustriert waren, über platte Reifen (wir hatten am Ende wohl so 10 Stück, wenn man die 7 hintereinander in der ersten Woche mitzählt), schlechte Straßen, strömenden Regen oder schmerzende Popos, so sind wir alles in allem unglaublich froh, uns für die Drahtesel entschieden zu haben. Die Nähe zur Natur, die Möglichkeit sie so intensiv zu erleben und aufzusaugen, hatte uns gut getan und war eine Erfahrung gewesen, die uns in den vergangenen Monaten doch öfters gefehlt hatte. Wir wissen nun auf jeden Fall unsere Radwege in Deutschland deutlich mehr zu schätzen, denn wie ein älterer deutscher Radler es nannte sind die ja „wie gebügelt“. Diesen Vergleich fanden wir sehr treffend, denn in Neuseeland holperte es nicht selten so stark, dass trotz ergonomischer Griffe unsere Finger einschliefen. Nunja, wieder einmal war die Zeit gekommen weiter zu ziehen und man soll ja bekanntlich gehen, wenn es am schönsten ist.

Abschied zu nehmen von Ländern und Orten die einem gefallen hatten ist ja nichts neues mehr für uns, doch das Gefühl bei diesem Aufbruch war doch etwas anders. Denn mit unserem Flug in die Vereinigten Staaten traten wir den letzten Monat unserer Reise an. Gezwungenermaßen sind die 4 Wochen die wir hier verbringen auf den Tag genau geplant. Alle Unterkünfte und Transportmittel hatten wir zu unserem Missfallen vorher bereits festlegen müssen, denn wenn man hier nicht Wochen bis Monate vor Reisebeginn bucht, gibt es einfach gar nichts mehr was man sich leisten kann/will. Züge und Busse werden wie in Deutschland mit der Zeit teurer und die sowieso schon begrenzt verfügbaren Hostelbetten sind dann alle belegt, sodass man ein teures Hotelzimmer nehmen müsste, das wir uns nicht leisten können.
Bereits so stark festgelegt waren wir manchmal etwas missmutig, dass die Reise zum Ende hin nun ihre Spontanität verliert und kurzfristige Änderungen nicht mehr möglich sind ohne einen Haufen Geld zu verlieren. Auf der anderen Seite sorgt dieser feste Plan dafür, dass wir von unterwegs kaum mehr recherchieren müssen, was die letzten paar Wochen auch irgendwie entspannter macht. Ja, in vielen Dingen ist dieser letzte Monat doch ein wenig anders und da wir uns nun langsam aber sicher von der anderen Seite der Welt an zuhause annähern werden, ist ab jetzt alles nur noch Heimweg! 😉

Am Flughafen in Auckland angekommen gaben wir unser Gepäck auf, passierten die Sicherheitskontrollen und hatten anschließend eine lange Reise vor uns. Insgesamt waren wir 21 h unterwegs bis wir schließlich in Los Angeles landeten. Der Flug kam uns wie reiner Luxus vor, denn wir hatten den ersten Langstreckenflug, auf dem es mehrmals Essen, Getränke und Snacks gab. Außerdem war die Beinfreiheit recht gut, die Decke kuschelig und mit dem Service waren wir insgesamt sehr zufrieden. Trotz der vielen Stunden die wir unterwegs waren „verloren“ wir keine Zeit, denn wir passierten unterwegs die Datumsgrenze… Abflug 6:30 Uhr, Ankunft 9:00 Uhr am gleichen Tag! Die Einreise verlief zum Glück mal wieder problemlos und endlich bekamen wir mal wieder einen Stempel in den Reisepass! Auch der Weg zur Unterkunft klappte gut und nach ein wenig ausruhen gingen wir auf die erste Erkundungstour.

Wir schauten uns den Hollywood Boulevard an, der uns ehrlich gesagt nicht so sehr vom Hocker riss. Eine ziemlich lange Strecke entlang sind zwar Sterne im Boden eingelassen (mit Namen, die uns größtenteils unbekannt waren), doch außen herum ist nichts Besonderes. Ein bisschen wirkte es für uns so, als würde praktisch jeder so einen Stern bekommen. Irgendwann gelangten wir zum touristischen Abschnitt, wo in schrillen Neonfarben die Buchstaben aufleuchten und Souvenirshops sowie Restaurants die Lücken zwischen Theatern und Museen füllen. Hier war schon deutlich mehr los und es gefiel uns auch etwas besser. Trotzdem haute der Stadtteil Hollywood uns nicht unbedingt um. Vielleicht wäre die Erfahrung anders ausgefallen, wenn man eine geführte Tour durch Studios oder über den Hollywood Boulevard genommen hätte. Nunja, zum Abendessen holten wir uns dann einen Burger im „In-N-Out-Burger“, da wir diesen Laden mehrfach empfohlen bekommen hatten. Dort gibt es genau drei Burger: Hamburger, Cheeseburger und Double-Double-Burger (doppelt Fleisch), und nach Bedarf noch Pommes dazu. Dementsprechend schnell geht die Auswahl und auch die Zubereitung, die regelrecht in Fließbandarbeit erfolgt. Die Burger waren auf jeden Fall sehr lecker und dann machten wir uns schnell auf den Heimweg, da es bereits dunkel wurde. Auf dem Heimweg sahen wir, dass viele Obdachlose zu ihren Zelten und improvisierten Heimen auf den Gehsteigen zurückgekehrt waren und sich regelrechte Grüppchen bildeten. Nachdem uns dann auch noch in einem Laden gesagt wurde, dass wir nach Dunkelheit lieber nicht mehr herumlaufen sollten und uns nun in der Dämmerung beeilen sollten heimzukommen, wurde uns doch etwas mulmig. Das erste Mal auf der Reise fühlten wir uns etwas unsicher und beschleunigten unsere Schritte um die Unterkunft zu erreichen. In Los Angeles gibt es sehr viele Obdachlose und auch einfach etwas verrückte Leute – und das auch in den touristischeren Regionen wie dem Hollywood Boulevard. Wenn man dann nicht immer das Taxi nimmt, sondern wie wir zu Fuß oder maximal mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, dann kriegt man hier spätestens bei Einbruch der Dunkelheit ein komisches Gefühl und verzieht sich lieber. Etwas ironisch ist es vielleicht schon, dass wir uns in einem der „entwickeltsten“ Ländern, die wir auf der Reise besucht haben, am wenigsten sicher gefühlt haben.

Am nächsten Morgen ging es dann in die Downtown von Los Angeles „DTLA“. Dort hatten wir uns selbst eine schöne Runde zusammengestellt, was wir alles ablaufen und erkunden wollten. Angefangen in der öffentlichen Bibliothek, deren Wände mit sehr vielen beeindruckenden Gemälden bestückt sind und einem coolen Second-Hand-Buchladen mit Bücherkunst und gebrauchten Büchern (wir wurden sogar in der deutschen Abteilung fündig!) über den „Angels Flight“ und den Markt bis hin zum Rathaus, auf dessen kostenlose Aussichtsplattform wir fuhren. Dann ging es noch weiter zur Walt-Disney-Concert-Hall mit ihrem Dachgarten und am Ende waren wir einmal quer durch DTLA, welche uns super gefallen hatte. Wir verbrachten hier einige Stunden und waren deutlich beeindruckter als vom Hollywood Boulevard. Wir staunten über die schönen Gebäude und fotografierten viel. Ein bisschen vergaßen wir die Zeit, sodass wir uns für das zweite Tagesziel ganz schön beeilen mussten.

Denn auf dem Tagesplan stand auch noch ein Besuch beim Griffith Observatorium im Park, von wo aus man auch das berühmte Hollywood-Zeichen gut sehen und in die Nähe wandern kann. Zurück am Hostel schnappten wir uns unser Zoom-Objektiv und flitzten zum Bus, dann wanderten wir auf einem kleinen Pfad durch die hügelige Landschaft des Griffith Park bis zum Observatorium. Der Ausblick auf Los Angeles war grandios und die Abendsonne tauchte sowohl die Skyline als auch das Observatorium und das Hollywood-Zeichen in ein weiches orangenes Licht. Wir genossen Natur, Licht und Aussicht und verbrachten eine ganze Weile hier oben.

Zurück in unserer Bleibe, wo wir unsere Rucksäcke den ganzen Tag lagern konnten, kochten wir uns noch ein Abendessen und dann machten wir uns auf den Weg zum Busbahnhof. Etwas mulmig war uns schon, denn mittlerweile war es dunkel geworden, aber zum Glück lag die Unterkunft direkt neben einem Kinderkrankenhaus, sodass uns die Gegend einigermaßen zivilisiert vorkam und wir auf dem Weg zur U-Bahn keine komischen Gestalten antrafen. Am Busbahnhof angekommen waren wir trotzdem froh, dass alles glatt lief und wir keiner unangenehmen Situation ausgesetzt waren. Dann stellten wir uns auf eine ungemütliche Nacht im Bus ein – dem von uns am wenigsten geliebten Verkehrsmittel. Auf nach San Francisco!

 

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