Die Blaubeerfarm & das neue Jahr

So, nachdem nun schon einige Wochen rum sind, gibt es endlich mal ein Update! Zu allererst: es geht uns gut. Vielen Dank an alle, die sich Sorgen gemacht haben, aber wir waren einfach nur ein wenig beschäftigt. 😉

Die Jobsuche

Nach der Arbeit auf der Kirschfarm waren wir sehr gespannt, was uns auf der Blaubeerfarm so erwartet. Warnungen, dass man nicht viel pflücken könnte, da die Beeren so klein seien und Empfehlungen, dass Blaubeeren gut bezahlt wären widersprachen sich gehörig und so dachten wir uns: probieren wir‘s doch einfach mal aus!
An unserem ersten Tag lernten wir die australische Job-Mafia erst so richtig kennen, denn jeder will hier am liebsten noch sein Stück vom Backpacker-Kuchen abhaben. Viele Jobs werden über Working-Hostels vermittelt – man bekommt Arbeit, wenn man dort schläft. Die Übernachtung kostet einen dort mindestens 25$ und in diesem Fall lag die Farm über eine Stunde Fahrtzeit entfernt. Die Anreise erfolgt auf eigene Faust, d.h. Spritkosten zahlt man selbst. Am Ende arbeiten Backpacker die diesen Deal eingehen also erstmal ein paar Stunden, um all das abzubezahlen. Zu allem Überfluss zahlt das Hostel auch noch einen schlechteren Lohn als die Farm, denn sie behalten einen Teil für sich. Erschreckend, wie viele Leute sich zu sowas „zwingen“ lassen – für uns wäre das die allerletzte Option…
Wir hatten etwas mehr Glück und fanden den Job durch eine Annonce im Internet. Auch unser „Chef“ Medhi war dann ein Arbeitsvermittler, das Sagen auf der Farm hatten aber andere Leute. Erst hatten wir Angst, dass Medhi auch etwas von unserem Lohn abzwacken würde, es stellte sich aber heraus, das er direkt eine Provision für uns bekommt und wir das Original-Gehalt von der Farm kriegen.
Da Blaubeeren nur halbtags gepflückt werden können, wollten wir gerne noch nachmittags beim Sortieren und Verpacken helfen um mehr Stunden zu arbeiten, doch dafür mussten wir auch die Unterbringung der Farm in Anspruch nehmen. Für 10$/Person pro Nacht. Wir fanden das etwas erpresserisch, rechneten uns aber aus, dass wir am Ende abzüglich der Miete trotzdem mehr Geld haben… Was solls, hilft ja nix! Wir willigten ein, es auszuprobieren und fanden uns damit ab, dass in Australien jeder versucht noch sein Geld an den Backpackern zu verdienen.

Wie pflückt man Blaubeeren?

Blaubeeren sind ganz schön wählerisch: Wenn es regnet, kann man sie nicht pflücken, da sich die natürliche weiße Staubschicht abreibt, und die polierten Beeren weich werden und schneller verderben. Wenn sie zu heiß werden (über 30 °C) werden die Blaubeeren ebenfalls zu weich – auch im Kühlraum werden sie nicht wieder fest. Im Umkehrschluss heißt das so viel wie: Man kann nur bis mittags pflücken. Von vornherein war uns also klar, dass wir nur mit dem Pflücken nicht genug Geld verdienen würden und fragten deshalb am ersten Morgen direkt nach, ob wir nachmittags beim Sortieren und Verpacken oder anderswo helfen könnten. Der Supervisor Fox, eine auf den ersten Blick eher raue Erscheinung, schmiss uns entgegen, dass man dafür erstmal ein guter Pflücker sein muss, er aber tatsächlich Leute brauchen würde.
Wir strengten uns bei den ersten Boxen also besonders an gut zu pflücken. Nur die Beeren, die wirklich dunkelblau, bzw. schwarz sind, dürfen in den Korb, alles was noch etwas rötlich/lila ist, bleibt am Busch für nächste Woche. Wir kamen nur langsam voran, denn am Anfang ist es schwierig den Unterschied zu sehen. Die Mühe lohnte sich aber, denn nach ein paar Stunden kam Fox zu uns und bot uns aufgrund der perfekt gepflückten Boxen an, dass wir nachmittags beim Packen arbeiten könnten. Dann mussten wir auch schon direkt los in die Scheune. Dort lernten wir Rory, den Supervisor des Verpackens und seine Arbeitskollegin Suzz kennen, die beide super nett waren. Yannick war dafür verantwortlich gemeinsam mit „Bali-Boy“ Dhani die fertigen Plastikschälchen in Kartons und dann auf Paletten zu stapeln. Theresa stand mit Rory am Ende des Sortierbands, wo die Blaubeeren in die besagten Schälchen laufen und musste die Maschine mit leeren Schalen anfüttern.

Unsere Unterkunft

Auf den ersten Blick hätten wir lieber in unserem Auto, als dort geschlafen, denn uns erwarteten gefühlt tausende Spinnen. Aber wir wissen ja, wie man es sich gemütlich macht und fütterten erst einmal fleißig den Staubsauger mit den Krabbeltierchen und Spinnenweben. Danach war es schon etwas besser. In einem Schrank fand Theresa zwei Bettlaken und nachdem sie ordentlich gewaschen und getrocknet waren, trauten wir uns auch sie zu benutzen. Auch die Küche und besonders den Ofen schrubbten wir erstmal, den auf Rauchschwaden beim Kochen hatten wir nicht so Lust. Nach wenigen Tagen sah die Bude zwar immer noch einfach und etwas runtergekommen, aber immerhin nicht mehr dreckig aus.
Ein großer Pluspunkt war aber das wunderschöne Wasserreservoir auf dem Farmgelände, mit feinem Sandstrand und klarem blauen Wasser, in dem wir uns an dem ein oder anderen heißen Tag beim Planschen abkühlen konnten. Und auch eine Dusche, Toiletten, voll ausgestattete Küche und Waschmaschine zur Verfügung zu haben ist ja nicht so verkehrt.

Auf dem Blaubeerfeld

Beim Blaubeerpflücken wurden wir schneller, Theresa schaffte normalerweise zwischen 18-20 kg und Yannick zwischen 12-15 kg. Am meisten schmerzten uns die Rückenmuskeln, aber wenn man sich zwischendrin auf seine Box oder den Boden setzt und etwas aufpasst ging es schon. Wir waren eigentlich ganz froh, dass wir spätestens um 12 Uhr aufhörten zu Pflücken, da wir zum Verpacken mussten.
Da wir uns weiterhin bemühten in guter Qualität zu pflücken bekamen wir im Gegensatz zu Anderen keinen Ärger. Regelmäßig hörte man Fox über das ganze Feld rufen und konnte seine Sprüche am Ende schon mitpredigen: „Black, black, black. You pick aaaaaaaall black. Noooo red ones. No red, no red, no red. Red is for next week.” Ebenso beliebt: “Small ones, big ones, tiny ones, ones as big as your head – you pick them all, when they are black. Don’t leave small ones behind!”
Auch die Missetäter, die es nach Tagen noch nicht gelernt hatten kannte man bald – denn ihre Namen schallten durch alle Reihen. Etwas belustigt waren wir davon schon, dass Leute es nie lernen und weiterhin unreife Beeren in ihren Korb befördern und reife Beeren, die sich im Busch verstecken zurücklassen.
Wir lernten auch viel dazu, denn ebenso wie auf der Kirschfarm gab es auch hier verschiedene Blaubeersorten. Ja, wir wussten das vorher auch nicht, aber es gibt sie. Die Grundregel ist: umso größer, umso leckerer (wir wissen wovon wir reden, wir haben vieeeeeele Kilos verdrückt) und auch umso teurer.

Unsere Mitbewohner

Nach einer Woche bekamen wir dann die ersten Mitbewohner und es entwickelte sich ein nettes WG-Feeling. Zunächst kam das Pärchen Xavier & Audrey, sowie Douglas (alle Franzosen). Wir verstanden uns gut mit ihnen, hatten aber einen etwas verschiedenen Tagesrhythmus und nicht ganz so viel Interesse daran unser hart verdientes Geld direkt in Bier (das in Australien unsagbar teuer ist) zu investieren. So verbrachten wir mit ihnen nicht ganz so viel Zeit. Anschließend zog Bertrand (ein Belgier) ein, der kein Auto hatte und den wir deshalb ab und zu auf Ausflüge oder zum Supermarkt mitnahmen. Unser letzter Mitbewohner war Chris (aus Irland), mit dem wir uns besonders gut verstanden und uns viel unterhielten. Durch den Einzug mehr Englisch-sprachiger Backpacker fingen auch die Franzosen an mehr Englisch zu reden und wir verbrachten mit allen mehr Zeit. Insgesamt war es wirklich nett und wir fühlten uns sehr wohl.

Freizeit & andere Jobs

An den Tagen, an denen wir nicht Blaubeeren pflücken konnten, weil es von vornherein zu heiß war etc. machten wir manchmal Ausflüge nach Albany und in die Umgebung und manchmal blieben wir einfach daheim. Wir freuten uns besonders über den Backofen und schlemmerten Muffins & Pizza. Ab und zu nahm Medhi Yannick mit um andere Arbeiten im Weinberg zu machen (die Farm war hauptsächlich eine Wein-Farm, die Blaubeeren nur ein kleiner Teil), was ihm ein paar extra Stunden einbrachte. Medhi und seine Familie/sein Arbeiterteam sind alle iranische und afghanische Flüchtlinge. Bereits nach Yannicks erstem gemeinsam Arbeitstag hatte er den Fuß in der Tür, denn „Deutsche arbeiten gut und ohne zu jammern, und außerdem ist er nicht zu gesprächig.“ Immer wenn sie Yannick sahen, fragten sie nach, ob er denn nicht mal wieder in den Weinberg kommen würde.

Silvester & Neujahr

Da der 1.Januar hier ebenfalls ein Feiertag ist, haben wir nicht gearbeitet und einen kleinen Ausflug gemacht. Silvester verbrachten wir in Albany und schauten uns das stattliche Feuerwerk der Stadt an. An Neujahr besuchten wir den Strand und einen Baumwipfelpfad, der uns durch Red Tingle und Yellow Tingle Bäume (Eukalyptus-Arten) führte. Es war schön, mal etwas zu unternehmen und einen freien Tag zu haben.

Die Autobatterie

Nachdem unser Auto uns bisher so treu war, fing es an Silvester an etwas zu mucken. Beim Starten stotterte der Motor immer etwas, aber ging dann doch an. Wir dachten an alle möglichen Szenarios und waren uns dann schon fast sicher: Es ist die Batterie. Nachdem wir eines morgens dann tatsächlich ganz ohne Strom waren und Douglas uns überbrücken musste um zur Arbeit zu fahren waren wir uns sicher. Rory, der sich etwas auskannte, warf noch einen Blick darauf und entdeckte, dass die Batterie leicht aufgebläht war. Lange Rede, kurzer Sinn: Er empfahl uns eine neue zu kaufen und sie selbst einzubauen, da das der günstigste Weg sei. Gesagt, getan, kauften wir in Mount Barker die neue Batterie und wechselten sie anschließend selbst. Seitdem läuft alles wie geschmiert, nur das Radio verlangt nach einem Code, den wir nicht haben – Mist. Naja, wir haben diesen bereits bei Ford angefragt und warten gerade noch auf das Ergebnis…

Autobatterie wechseln

Aller Abschied ist schwer

Nach 3 Wochen auf der Farm hatten wir genug verdient um weiterreisen zu können. Rückblickend gefiel es uns dort recht gut und wir können uns auch über den Verdienst nicht beschweren.
Auch die Arbeitskollegen/Vorgesetzten waren super nett. Der erst recht mürrisch wirkende Fox stellte sich als ziemlich gütig und freundlich heraus, solang man gut arbeitet. Ursprünglich stammt er aus Simbabwe und wurde dort von seiner Farm vertrieben, als die Afrikaner sich ihr Land zurückeroberten. Wir unterhielten uns mit ihm über diese uns bisher völlig unbekannte Thematik und fanden es sehr interessant!
Mit Rory freundeten wir uns sehr gut an, er reist auch viel und gerne, seine größte Leidenschaft ist Gleitschirmfliegen, er gab uns unzählige Tipps, was wir alles unternehmen sollten und wird im Juni/Juli in Österreich und Deutschland seinen Urlaub verbringen – wir hoffen bereits auf ein Wiedersehen 😉
Suzz lud uns zum Abschied zu sich und ihrem Ehemann Grant nach Hause ein, um einen gemütlichen Nachmittag zu verbringen, was uns ebenfalls sehr erfreute. So wurden die letzten Tage auf der Farm wirklich nett.
Ein bisschen schmerzte uns der Abschied schon, aber bekanntlich soll man ja gehen, wenn‘s am schönsten ist und das haben wir diesmal definitiv geschafft!

4 Comments

Leave a Comment to agm Cancel Reply