Reisen ohne zu fliegen?

Und so fing alles an…

Ohne Flugzeug nach Australien. Mit diesen Worten, mit diesem Vorhaben haben wir uns Ende Mai von daheim verabschiedet. Wir haben unsere Reise gestartet, sind nach Lübeck getrampt und über Berlin mit dem Bus nach Warschau gefahren. Weiter nach Riga und dann nach Russland eingereist. Dort haben wir den ersten Stempel in unseren Pass bekommen. Einen Monat lang blieben wir dort und fuhren mit der sagenumwobenen transsibirischen Eisenbahn. Wir bestaunten Moskau, Novosibirisk, anschließend Irkutsk, und dort vor allem den Baikalsee. Bis heute ist er Yannicks liebster Ort der Reise, nichts konnte ihn toppen.
Anschließend verbrachten wir den Juli in der Mongolei, in diesem riesigen, leeren, kargen und wunderschönen Land. Mit dem Kanu waren wir allein unterwegs und dann machten wir die Wüste Gobi mit unserer Gobi Squad mit Mathieu und Sanni unsicher. Die beiden sind bis heute die Reisenden, mit denen wir uns am engsten angefreundet haben und die Sanddünen von Khongoryn Els sind nach wie vor Theresas liebster Ort der Reise.
Immer asiatischer wurde es auf der Reise in Richtung China, wo uns erstmal ein Hitze- und Kulturschock erwartete. Mit Auf und Abs verbrachten wir auch dort 4 Wochen, die uns viel Kraft kosteten, aber gleichzeitig sehr lehrreich waren. Nachdem wir nun drei sehr große Länder mit dem Zug durchquert hatten wurde es Zeit für etwas Anderes.
Vietnam kam uns gelegen und bot uns genau die Abwechslung die wir brauchten. Unsere alten Schrottmotis fuhren uns von Hanoi bis Saigon einmal quer durchs Land und wir besuchten wirklich viele Orte. Vietnam barg für uns viele neue Erlebnisse wie Motorrad fahren, Deep Water Soloing und mehr.
Nach knapp 4 Monaten wurden unsere Reiseetappen dann etwas kürzer. Unser häufigstes Reisemittel durch das klassische Südostasien wurde natürlich der Bus und im Großen und Ganzen sind sich die Nachbarländer doch ähnlich, wenn auch unterschiedliche Kulturen bestehen. In Kambodscha besuchten wir das Inselparadies Koh Rong Samloem und natürlich das weltberühmte Angkor Wat. Thailands Highlight war definitiv das Klettern in Railay/Tonsai, denn unsere Finger und Arme vermissten den Fels bereits schmerzlich. In Malaysia waren wir überrascht vom gehobeneren Niveau und den ebenfalls gehobeneren Preisen. Wir schlugen uns täglich den Bauch mit indischem Essen voll und genossen den Multi-Kulti-Mix.
Singapur, die Stadt der Superlative war ebenfalls wunderschön, und eine nette Abwechslung vom anstrengenden Backpacken durch Südostasien. Mit der Ausweichroute über Sumatra folgte dazu ein krasses Kontrastprogramm, denn dort herrschte kaum Infrastruktur für Touristen. Die Insel zu bewältigen erforderte einige Kraftreserven und testete gründlich unsere Komfortgrenzen aus. Auf dem höchsten aktiven Vulkan Südostasiens zu stehen war aber eine entschädigende Erfahrung und auch die Schwefelmine am Kawah Ijen auf Java war atemberaubend. In Bali kamen wir schlussendlich zur Ruhe, machten uns viele Gedanken und genossen einfach unsere Zeit.

5 1/2 Monate, 12 Länder und grob 20.000 Kilometer – ohne Flugzeug bis nach Bali. Wir hatten es bis hier her geschafft, alle möglichen Verkehrsmittel genutzt und standen nun vor dem großen Teich. Monatelang haben wir in Onlineforen Nachforschungen betrieben und uns mit Seglern in Kontakt gesetzt. Capt’n Luke, ein Australier hätte uns mitgenommen, fuhr aber zu früh und berichtete uns im Anschluss von seiner erfolgreichen Überfahrt. Als wir jedoch in Bali ankamen, war der Hafen wie leergefegt. Das mag mitunter daran liegen, dass Indonesien in den vergangenen Monaten so mit Erdbeben und Tsunamis zu kämpfen hatte. Wer hat dort schon gern seine viel zu teure Yacht im Hafen liegen? Zweitens ist die Anzahl an Seglern, die diese Strecke bewältigen sowieso schon verschwindend gering, da die Strömungen und Winde es einem gerade zu ausreden wollen, von Asien Richtung Australien zu segeln, sondern den Kurs nach Norden einzuschlagen. Dies und noch mehr führte dazu, dass kein Segler in Aussicht war, diese Strecke in naher Zukunft zu fahren. Also keine Alternative zum Flugzeug? Die letzte Möglichkeit wäre ein Frachtschiff von Malaysia, dass 8 Tage braucht und 1300€ pro Nase kostet. Nach langen Diskussionen haben wir uns am Ende dafür entschieden den vierstündigen Flug von Bali nach Perth zu nehmen, denn dort haben wir nur 75€ pro Person gezahlt.

Auf unserer Reise und während unserem Experiment haben wir viele Dinge gelernt und für uns sortiert. Wir sind uns einig, dass die bewusste Wahl kein Flugzeug zu nehmen, nicht immer toll, oft auch unrealistisch und in den meisten Fällen vor Allem umständlich ist. Dennoch hat diese Art des Reisens auch seinen eigenen Charme. So kommt man mit der lokalen Bevölkerung viel mehr in Kontakt, man sieht das Leben auf dem Land und oben drauf gibt es eine ganze Portion Ungewissheit. Werden wir dort ankommen, wo wir hinwollten? Wird es sehr viel länger dauern? Was kriege ich unterwegs zu essen? Wo schlafe ich heute Nacht? Am Ende muss man sich dann aber doch einfach zurücklehnen und alles auf sich zukommen lassen.

Wir verteufeln das Fliegen aber absolut nicht. Allerdings ist die große Wirkung auf unsere Umwelt, die ein Flug verursacht unbestreitbar. Uns ist in zahlreichen Gesprächen aufgefallen, dass die meisten Reisenden ohne irgendein Bewusstsein fliegen. Sie fliegen kreuz und quer durch die Gegend, egal wie kurz oder weit der Weg auch ist. Kostet ja nur 40 €. Ja, und der Bus vielleicht nur 12 € und geht über Nacht. Eine geographisch logische Reiseroute gibt es dabei meistens nicht. Es ging uns nicht darum nie wieder ein Flugzeug zu betreten, sondern einfach darum die Alternativen auszuprobieren und das Reisen ohne Flugzeug kennenzulernen. Ein Schwarz-Weiß-Denken gibt es für das Thema Fliegen sicher nicht. Aufgrund unserer Erfahrungen durch diese Reise ist für uns klar, dass wir dann und wann einen Flieger besteigen werden um uns die Welt anzusehen. Aber wir wollen versuchen es auf ein Minimum zu halten und vor allem die Alternativen nicht unbeachtet lassen. Wir haben festgestellt, dass ein bewusster Konsum und eine sinnvolle Reiseroute allein schon sehr viele Flüge unnötig werden lasen, ohne dass man große Abstriche machen muss.

Auch wenn wir unser Vorhaben nicht ganz geschafft haben, so sind wir doch stolz ohne Flugzeug bis Bali gekommen zu sein und unsere Reise auf diese Art gemeistert zu haben. Trotzdem müssen wir zugeben, dass der Flug nach Perth die schnellste und komfortabelste Art der Reise war um so eine Strecke zurückzulegen 😉 !

Unser letztes Bild aus diesem Kapitel der Reise 🙂

2 Comments

  1. Da habt ihr eine beeindruckende Reise hingelegt. Ihr könnt stolz auf euch sein! 🙂
    Fliegen ist schon sehr einfach und komfortabel. Und das große Problem: Es ist obendrein noch so billig (gerade bei Kurzstrecken, oder für 1€ nach Malle…). Solange die Anreise zum Flughafen teurer bleibt, als der Flug selbst, werden die Leute nicht aufhören so viel zu fliegen…

    1. Vielen Dank! Ja, das sehen wir auch als Problem an, dass es so billig ist und die Verantwortung beim Konsumenten liegt. Aber das ist ja nicht nur beim Fliegen so in unserer Welt… 😉

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