Von Bussen, Zügen und blankem Reis

Nach unserer Wanderung auf den Gunung Kerinci lagen noch viele Kilometer vor uns, die wir zurücklegen mussten. Sumatra ist nämlich ganz schön groß (1600 km in der Länge), und die Straßen leider ziemlich schlecht. Nicht selten legt man dort eine durchschnittliche Geschwindigkeit von gerade mal 25 km/h an den Tag, obwohl man in einem großen Reisebus sitzt.

Umgekippte LKW’s auf von Erdrutschen überrollten Straßen waren keine Seltenheit.

Von Kersik Tuo ging es nach Sungai Penuh und gleich am nächsten Tag weiter nach Bengkulu. Die Stadt an der Ostküste wird als eine der schönsten in Sumatra beschrieben und angesichts dessen, in welchem Zustand die Ansiedlungen sich dort generell befinden mag das sogar stimmen. Aber selbst Bengkulu ist in unseren Augen kein außergewöhnliches Ziel. Wir saßen den ganzen Tag im Bus und kamen abends um 23 Uhr an. Leider verpassten wir den Anschluss am nächsten Morgen um 9 Uhr nach Jakarta, da wir falsch informiert waren und mussten noch eine weitere Nacht bleiben.

Überall auf Sumatra hatten wir letztendlich eine ähnliche Situation. Zunächst sind englisch sprechende Personen sehr selten und so kommunizierten wir selbst beim Einchecken im renommiertesten Hotel mit Händen und Füßen. Unterkünfte gibt es nicht so viele zur Auswahl und selbst die großen Hotels, hatten ziemliche gruselige Verlieszimmer. Die hygienische Situation war meistens nicht sehr gut, denn ein Bad in Sumatra sieht folgendermaßen aus: Toilette (meist Hocktoilette), Wasserhahn und Auffangbecken/Regentonne. Spülen tut man das Klo mit einem Plastikschöpfer und mit dem muss man sich auch duschen. Nicht gerade beruhigend, wenn jeder nach seinem Geschäft an diesem Schöpfer und dem Wasserreservoir rumgrabbelt. Noch dazu, dass keiner hier Toilettenpapier benutzt, sondern einfach die linke Hand… Und damit soll man sich dann das Wasser über den Kopf gießen? Wir waren jedenfalls froh unsere eigene Seife und Toilettenpapier dabei zu haben!

Zu guter Letzt war hier mal das Essen eine schwierige Angelegenheit. Denn erstens wird hier SEHR scharf gegessen, zweitens kriegt man kaum etwas ohne Fleisch und drittens muss man zwangsläufig auch mal etwas bestellen, ohne zu wissen was es überhaupt ist, wenn die Komunikation scheitert. So dachten wir einmal uns Pfannkuchen mit Schokolade/Erdbeeren bestellt zu haben und bekamen Toast mit Schokoladen-/Erdbeersoße und Käse (?!) als Topping! Erstaunlicherweise schmeckte das gar nicht so schlecht. Leider hatten wir öfters hygienische Bedenken. Wenn man 10 Stunden im Bus sitzt, hält man zwangsläufig irgendwo zum Essen an. Meistens ein kleines Restaurant mit Plastikstühlen, das Essen fertig gekocht in einer Auslage. Dann wird einem alles auf den Tisch gestellt und man bedient sich nur an dem, was man essen will, der Rest steht dann weitere Stunden in der Hitze für die nächsten Kunden. Das brachte uns dazu mehrmals täglich blanken Reis mit unserem eigenen Besteck zu essen, weil wir uns schlichtweg nichts anderes trauten. Bei einem dieser Stopps löffelten wir also unseren Reis, während sich eine Frau am Nachbartisch sich Ihr Essen nochmal durch den Kopf gehen ließ. Ja, muss nicht unbegdingt an den Lebensmitteln liegen, aber beruhigend ist sowas nicht anzuschauen. Immerhin haben wir hier die lustigste Flasche aller Zeiten entdeckt: Eine kleine Sprite mit noch dünnerem Flaschenhals (vielleicht 2 cm im Durchmesser), wir wussten gar nicht wie wir daraus trinken sollen!

In den Städten versuchten wir dann etwas Anderes zu finden, was aber wieder zu Hühnchen mit Reis oder scharfem Essen führte. Denn die Versprechungen, dass man uns die Nudeln auch ohne Chili zubereiten könnte, endeten darin, dass wir beide Feuer spucken konnten und Theresa ganz schön nach Luft schnappte. Nichts desto trotz nahmen wir all diese Erfahrungen mit und hatten uns zumindest für den nächsten Tag einen „Eksekutif“-Bus (1.Klasse) gebucht, der uns in 24 h bis nach Jakarta bringen sollte.

Am Abend saßen wir noch eine Weile in der Lobby, als wir plötzlich ein Erdbeben erlebten. Erst vibrierte alles ganz leicht, so als ob ein dicker LKW auf der Straße vorbei fahren würde und dann wackelte alles 5 cm hin und her und die Einheimischen sprangen auf und rannten aus dem Hotel. Wir taten es ihnen gleich und binnen Sekunden stand die Erde wieder still, als wäre nichts gewesen. Eine Weile warteten wir ab, dann entschieden wir uns schlafen zu gehen und hofften darauf, dass nichts mehr passieren würde. Tagsüber hatten wir noch die Tsunami-Evakuierungsschilder in den Straßen gesehen, die einem die Richtung weisen, in die man rennen soll und abends erlebt man dann sowas. Da rutscht einem das Herz schon mal kurz in die Hose!

Am nächsten Morgen starteten wir unsere endlos lange Busfahrt, von der es nicht viel zu berichten gibt. Wir hatten uns ein Hörspiel aufs Handy gezogen und das lenkte uns zumindest 6 Stunden ab, ansonsten schliefen wir ziemlich viel und aßen zur Abwechslung Instantnudeln. Mitten in der Nacht waren wir dann auf der Fähre und erlebten den Sonnenaufgang während der Überfahrt. Bis nach Jakarta dauerte es noch ein paar weitere Stunden, da der Verkehr die Straßen verstopfte. Nach 25 h kamen wir letztendlich am Busterminal an und immerhin war der Bus tatsächlich nobel gewesen. Breite Sitze, Decke und Kissen, Neigung nach hinten, Toilette und Raucherkabine im Bus, Klimaanlage. Etwas erschlagen organisierten wir uns den Weg ins Zentrum zum Bahnhof, der noch einmal 1,5 h in Anspruch nahm und kauften sogleich unser Ticket für den Übernachtzug nach Surabaya. Wir gönnten uns ein Frühstück mit WLan, gaben unsere Rucksäcke ab und machten uns auf den Weg zu einem großen Shoppingzentrum, denn wir beide brauchten neue Schuhe. Unsere alten waren schlichtweg durchgelatscht und von der Vulkanwanderung endgültig geschafft. Außerdem stanken sie, da es bei der hohen Luftfeuchtigkeit sehr schwierig ist seine Schuhe schnell zu trocknen und so entschlossen wir uns dem leidigen Thema ein Ende zu setzen. Immerhin gab es in Jakarta viel Auswahl und so wurden wir auch beide fündig. In einem Supermarkt fanden wir außerdem Salat, Käse und Brot und freuten uns auf etwas frisches und anderes als blanken Reis!

Dann war es auch schon Zeit den Zug zu besteigen, auch hier gab es nur erste Klasse und wir können euch gar nicht sagen, wie glücklich wir waren. Ruhig glitt der Zug auf den Schienen dahin, kein Wackeln, kein Aufheulen des Motors, leise wie eine Schlange kroch er durch die Dunkelheit in Richtung Surabaya. Herrlich fanden wir das, lehnten unsere breiten Sitze mit mindestens einem Meter Beinfreiheit nach hinten und schlummerten unter der Anstrengung der letzten Tage ganz schnell ein. In Surabaya wechselten wir den Bahnhof und fuhren noch einemal 5 Stunden weiter nach Banyuwangi, was an der Westküste von Java liegt. Tagesziel erreicht, Insel in unter 24 h einmal durchquert. Wenn das in Sumatra nur auch so schnell gegangen wäre!

Generell ist Sumatra ganz anders als wir es uns vorgestellt haben. Die Insel ist zu 90 % muslimisch, das heißt ohne Kopftuch herumlaufen ist in den meisten Regionen in Ordnung, mit kurzer Hose wird man schief angesehen und überall schallen die Megaphone der Moscheen. Auch die Leute hier benehmen sich eher arabisch als asiatisch, was wir manchmal etwas anstrengend fanden. Wir hatten das Gefühl, die Leute wollen einen eher über den Tisch ziehen und fühlten uns nicht so sicher wie anderswo.

Auf den Busfahrten über die gesamte Insel durch alle möglichen Dörfer, sieht man erschreckend nah die Wahrheit, wie manche Leute dort hausen. Unter 4 m² Wellblechdach und ein paar Brettern im Dreck zu leben und 10 Meter weiter die Leuchtreklame für Smartphones stehen zu haben, so gegensätzlich ist Sumatra. Jakarta erschlug uns dann mit Luxusshoppingmalls und aufgetakelten Touristen und auch wenn diese Insel ebenfalls hauptsächlich muslimisch ist, so wird man hier als Tourist mit kurzer Hose schon eher akzeptiert. Das gesamte Verkehrsnetz ist besser ausgebaut, die Leute sprechen mehr Englisch und die Stufe des Wohlstands ist eine andere. Wir waren erleichtert, als wir diese Insel erreichten, denn auch wenn Sumatra im Nachhinein betrachtet sehr interessant war und wir irgendwie auch froh sind, dass wir diese Erfahrung sammeln konnten, haben wir dabei gelernt, wie gewöhnungsbedürftig die Umstände werden können. Wir brauchen keinen Luxus, aber ein wenig touristische Erschlossenheit (vor allem einen Ort, wo man richtige Infos findet), etwas Auswahl beim Essen und eine schöne, wenn auch einfache Unterkunft tragen doch maßgeblich zu unserem Wohlbefinden bei. Auch wenn man auf das meiste ein paar Tage verzichten kann, so war das Zusammenspiel all der Schwierigkeiten für uns letztendlich sehr anstrengend und erstmal genug Zeit in solch abenteuerlichen Gefilden.

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