Ein Meilenstein 11.000 km von Zuhause

Bangkok. Die 8 Millionen Einwohner Metropole, die als Thailands Hauptstadt fungiert steht als Ziel auf unseren Bustickets und wir besteigen das Großraum-Tuk Tuk das uns am Hostel in Phnom Penh abholt und 12 statt 4 Leute transportieren kann mit einem seltsamen Gefühl. Wie oft haben wir unsere Reiseroute besprochen, wie oft umgeschmissen und doch geht es heute in die Stadt, die für uns irgendwie ein Meilenstein ist. Warum das so ist, wissen wir eigentlich selbst nicht, aber vielleicht liegt es an der erneuten Wendung der Himmelsrichtung, nachdem wir Bangkok verlassen werden? Vor über vier Monaten sind wir von Deutschland gen Osten gestartet, haben uns durch Russland und die Mongolei gereist, und in China das erste Mal die Himmelsrichtung deutlich Richtung Süden gewechselt. Es ging wieder etwas in den Westen und dann die Ostküste von Vietnam hinab. Erneut nach Westen durch Kambodscha hindurch bis nach Bangkok. Und danach wird es deutlich in den Süden gehen, um unserem großen Ziel Australien näher zu kommen. Bangkok ist der Dreh- und Angelpunkt für Touristen in Südostasien. Fast jeder, der hier her kommt hat zumindest einen Flughafentransfer in dieser Stadt, und der Flugverkehr verteilt das bunte Potpourree an ankommenden Menschen neu und spuckt sie in alle möglichen Himmelsrichtungen aus. Wir sind nun ja nicht geflogen, aber in eine andere Richtung spuckt es uns auch, also zählt das mindestens genauso!

Nunja, unser Bus fährt diesmal ziemlich pünktlich und an der kambodschanischen Grenze verpassen wir fast die Ausreise. Die Bretterbude am Straßenrand, versteckt zwischen lauter Marktständen, die dem passierenden Grenzverkehr etwas aufzuschwatzen versuchen, ist schnell zu übersehen und die Beamten sind ebenso interessiert wie die Bude auffällig. Gelangweilt wird unsere Ausreise gestempelt und wir machen uns auf den Weg durch die Grenzzone. Das ist mit unserem Gepäck leichter gesagt als getan, denn wir müssen uns zwischen noch mehr Ständen durchschieben, ohne die Richtung zu verlieren. Irgendwann kommen wir auf der thailändischen Seite an, und hier ist alles viel seriöser. Dementsprechend länger ist auch die Schlange und wir warten geduldig zwischen einer kambodschanischen Großfamilie, bis wir endlich dran sind und unsere nächste Einreise gestempelt bekommen. 30 Tage dürfen wir hier visumfrei und ohne Gebühren bleiben. Auf der anderen Seite der Grenze suchen wir unseren Bus, der zum Glück auffällig knallrot ist, denn der wie versprochen wartende Mitarbeiter, der uns einsammeln soll, schläft lieber im klimatisierten Gefährt. Dann rollen wir auch schon wieder los, mit nur noch 6 Personen an Bord, denn die meisten sind nur bis zur Grenze gefahren, da ihr Ziel nicht Bangkok war. Etwas skurril ist es schon, einen Doppeldecker-Reisebus für so wenig Leute durch die Gegend zu kutschieren, aber wenn man täglichen Busservice anbietet ist das wohl das Ergebnis in der Nebensaison. Bis wir Bangkok erreichen ist es dunkel und wir schlendern auf dem Weg zu unserem Hostel durch die stark beleuchtete und fröhlich belebte Khao San Road, die auch als Backpacker-Straße bekannt ist. 10 Minuten später sind wir eingecheckt und laufen auch wieder zurück um unser erstes thailändisches Pad Thai zu futtern und die Atmosphäre etwas zu genießen.

Am nächsten Morgen stehen wir zeitig auf und machen uns dann auf den Weg zum Königspalast – ein Muss auf der Liste für Bangkokbesucher. Alle versuchen uns lange Hosen anzudrehen, aber sie wissen ja auch nicht, dass wir unsere im Rucksack haben. Wir ziehen uns am Eingang um und schieben uns dann gemeinsam mit allen Nationalitäten dieser Welt an einem Palastgebäude nach dem anderen vorbei. Wir lesen im Reiseführer und der Broschüre über die verschiedenen Bauten und sind 2 Stunden und viele Fotos später wieder auf der Straße.

Wir legen unsere lange Bekleidung wieder ab, denn wir schwitzen auch so schon genug und dann geht es 5 km zum nächsten Ziel: Dem MBK Shopping Center. Auf dem Weg dorthin fällt uns auf, wie zivilisiert der (Links-)Verkehr hier ist. Die Ampeln werden beachtet und an einem Zebrastreifen wird für uns angehalten. Lustig, dass die Metropole, die für so viele der erste Stopp in SOA und damit ein riesen Kontrast zu Europa ist uns so westlich vorkommt, wie schon lange keine Stadt mehr. Den restlichen Tag schieben wir uns durch die 6 großzügigen Stockwerke des Marktähnlichen Shoppingcenters und sehen alle paar Meter das gleiche. Das amüsiert uns und ist aber auch anstrengend. Fast hätten wir es geschafft, nichts zu kaufen, während alle anderen Touristen kofferweise Waren aus dem Kaufhaus tragen. Zum Schluss finden wir aber doch den obligatorischen Magneten für Bangkok und Theresa ein schönes Kleid, dass sie nicht da lassen mag, da es wirklich besonders ist und nicht an jeder Ecke verkauft wird. Wir entscheiden uns auch noch den Rückweg zu laufen, auch wenn uns die Füße weh tun und sind wahrscheinlich die einzigen Besucher in Bangkok, die solche Strecken zu Fuß zurücklegen. Der Abend verschwindet vor unserem Laptopbildschirm und wir fragen uns, wo die Zeit geblieben ist, als wir um 2 Uhr nachts die Lichter ausknipsen.

Diesmal schlafen wir aus, und generell wird der Tag zu einem Hostel-Tag. Wir planen fleißig unseren weiteren Reiseverlauf, diskutieren, treffen Entscheidungen und verwerfen diese kurz darauf wieder. Schneller als wir schauen können ist es schon später Nachmittag und wir brechen zu einem Nachtmarkt auf, den wir nicht finden können. Stattdessen suchen wir erneut die Khao San Road auf, wo noch nicht viel los ist und die Stände gerade erst aufgebaut werden. Wir essen erneut Pad Thai, denn es kostet nur 1,10 € und ist köstlich. Anschließend schlendern wir erneut durch die bunten Marktstände, die jede Minute aus dem Boden sprießen und biegen in eine Seitenstraße ab. Dort werden statt Disco-Musik entspannte Singer-Songwriter-Songs gesungen und die ganze Atmosphäre gefällt uns super. Bis ganz zum Ende schieben wir uns langsam voran und kaufen zwar nichts materielles, aber trauen uns eine Thai-Massage auszuprobieren. 30 Minuten lang werden uns Beine, Rücken und Arme massiert und wir genießen den Mix aus Wellness und medizinischen Druckpunkten. Yannick ist danach noch begeisterter als Theresa und wir laufen beide mit einem dicken Grinsen zurück zum Hostel. Wir sind aber noch gar nicht so müde und versacken beim Serie schauen in unserem Bett.

Unseren letzten Tag in Bangkok widmen wir einem besonderen Ausflugsziel. Mitten in der Stadt liegen auf einer Wiese ein paar Flugzeugwracks, zumindest Teile davon und diese skurrile Sehenswürdigkeit gefällt uns irgendwie. Als Verkehrsmittel wählen wir die Fähre aus, die wie ein Linienbus auf dem Kanal durch die Straßen düst und den Vorteil hat, dass es hier keinen Stau gibt. Für die 29 Stationen zahlen wir jeweils 50 Cent und sitzen dann eine Stunde auf dem Boot, dass zwar schnell ist, aber auch laut. Zum Glück ist die Handtasche bereits für die nächtliche Busfahrt gepackt und so stecken wir uns einfach Oropax in die Ohren und können die Fahrt anschließend mehr genießen. Direkt neben der Fährstation ist ein verlassenes Grundstück mit Gras, dass höher ist als wir und in dem wir die Flugzeugwracks schon sehen können. Außenrum tobt das normale Stadtleben und Wolkenkratzer erheben sich in den Himmel und wir finden das ganze Gelände jetzt schon skurril. Es dauert nicht lange, bis uns zwei kleine Jungs mit Stöcken den Weg versperren wollen und von uns jeweils 200 Baht fordern – das sind ca. 5€ und wir finden es einen unverschämt hohen Preis. Wir hatten bereits gelesen, dass hier ein paar Familien in manchen der Wracks wohnen und sich ihr Geld verdienen, indem sie einem ihr Zuhause zeigen aber anscheinend haben sie ihren Radius nun auch auf die unbewohnten Flugzeuge ausgeweitet. Wir besprechen uns kurz, gehen zwei Meter weiter, werden wütend angeschrien, einer der Jungs ruft ein Wort und beide lachen – wir sind uns sicher, sie haben uns auf Thai beschimpft. Theresa gibt auf Deutsch zurück „Was willst du kleiner Hosenscheißer denn, das Grundstück gehört dir nicht“ – denn auf Fremdsprachen beschimpfen können wir auch. Neben dem Geldbetrag stört uns vor allem auch die Art und Weise, denn wir wurden ab der ersten Minute angeschrien und nicht höflich gebeten, ihnen das Geld zu bezahlen. Da aber sowieso eine Riesen Pfütze den Weg versperrt entscheiden wir uns einfach um das Grundstück herumzugehen und von außen zu fotografieren, denn der Zaun ist löchrig und nicht besonders hoch. Gesagt, getan stehen wir auf der anderen Seite und sind zufrieden. Dort gibt es ein Tor auf dem mit erstaunlich vielen Rechtschreibfehlern frech steht „No entry, authorised personnel only“ und wir sehen mehrere Touristen im Gelände verschwinden. Dass man damit die Familien fördert, nicht arbeiten zu gehen, sondern sich so das Geld zu verdienen kommt vielen wohl nicht in die Gedanken und sind erstaunt, wie vielen es auch egal ist, dass sie hier mehr zahlen wie für einen Eintritt in den meisten Tempeln in der Stadt.

Die Rückfahrt unterbrechen wir nach 20 Stationen und gehen „Bei Otto“ einkaufen. Das Angebot der deutschen Bäckerei zaubert uns ein Lächeln ins Gesicht und wir verlassen den Laden kurz darauf mit Brot, Griebenschmalz und diversen (Laugen-)Backwaren wieder. Die Sachen schmecken wie von einer günstigen Bäckerei in Deutschland aber sie erfüllen ihren Zweck mehr als gut und das Lächeln unserer Bäuche wandert uns bis ins Gesicht. Wie haben wir die deutsche Backkunst doch vermisst in den letzten Monaten!!! Mit der großen Bäckertüte im Rucksack kann die kommende Busfahrt über Nacht ja gar nicht mehr so schlimm werden!

Da geht das Herz auf – und der Mund!

2 Comments

    1. Ja, war schon nicht so schlecht. Google mal „German Bakery [Ort/Land]… du wirst erstaunt sein, wo es überall eine gibt, vielleicht liegt ja auch eine auf deinem Weg 😉

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