Ab in die alte Kaiserstadt

Nächster Halt: Hué. Die ehemalige Hauptstadt Vietnams, die die kaiserliche Zitadelle beheimatet darf man natürlich nicht auslassen und so verließen wir schon wieder den schönen Phong Nha Ke Bang Nationalpark und machten uns auf den Weg dorthin. Die Fahrt verlief ohne größere Zwischenfälle, außer dass sich Theresas Spanngurt löste, was den Verlust ihres Schlosses und einer Wasserflasche zur Folge hatte – zum Glück nichts Gravierendes.

Die Strecke nach Hué führte uns außerdem durch die Demilitarisierte Zone, also die Gegend, in der der Vietnamkrieg am schlimmsten getobt hatte. Dort machten wir auch einen Zwischenstopp an den Vinh Moc Tunneln. Das 30 m tiefe und ziemlich lange Tunnelsystem wurde von den dort ansässigen Bauernfamilien gegraben, beziehungsweise in Stein gemeißelt. Wir staunten nicht schlecht, als wir uns vorstellten, was für eine anstrengende Arbeit das gewesen sein muss! Mit unseren Taschenlampen und meist gebückt liefen wir also durch die (gefühlt endlos) langen Tunnel und versuchten uns vorzustellen, wie es sein muss, hier drin Jahre zu leben. Für die 60 Familien, die das getan haben, gab es jeweils eine kleine Nische. Außerdem gab es noch eine „Geburtsnische“ (hier unten kamen immerhin 17 Kinder auf die Welt!), Toiletten und „Waschgelegenheiten“, Brunnen zur Wasserversorgung und einen Schutzbunker, der noch tiefer unter der Erde lag, aber leider zugeschüttet war. Das System hatte mindestens 10 Ausgänge, und wir waren froh, dass wir uns nicht verliefen. Der Besuch dort war sehr aufschlussreich und rief uns wieder mal ins Bewusstsein, dass hier bis vor 45 Jahren einer der schlimmsten Kriege überhaupt getobt hat!

Am späten Nachmittag kamen wir dann in der Kaiserstadt an und Theresa führte Yannick zum Abendessen ins „Risotto“, einem italienischen Restaurant aus. Dort bekam er endlich mal wieder eine Pizza, die er freudig verspeiste! Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg zur kaiserlichen Zitadelle, dem vietnamesischen Pendant zur verbotenen Stadt in Peking. Die vietnamesische Version gefiel uns deutlich besser, was sicher auch an den weniger großen Touristenmassen liegen mag, aber auch an dem doch unterschiedlichen Baustil. Nachdem wir über den Markt geschlendert sind und uns dann doch dazu hinreißen ließen ein paar coole Klamotten zu kaufen gingen wir zum Mittagessen ins Nook, einem wahrlich schönen Restaurant. Unscheinbar in einer Seitenstraße gelegen leuchtet es einem aus der grauen Masse von Streetfood-Ständen mit Plastikstühlchen entgegen. Bunte Tischdecken, normale Stühle, ein Fahrrad als die zwei „oo“ im Namen und gute Musik. Noch obendrein war das Essen auch vorzüglich.

Gestärkt machten wir uns am späten Nachmittag dann auf zu einer Sehenswürdigkeit der besonderen Art. In Phong Nha haben wir uns den Tipp geben lassen den verlassenen Wasservergnügungspark aufzusuchen – mit genügend Bestechungsgeld in der Tasche. Wir wissen nicht was nun stimmt, ob der Park niemals geöffnet oder aber kurz nach der Öffnung bereits wieder geschlossen wurde. Abgerissen wurde jedenfalls nichts und so fuhren wir voller Hoffnung für tolle Fotomotive dort hin.

Eine Schranke fanden wir nicht vor und so fuhren wir mit unserem Moti einfach rein und fingen an, den längst vergessenen und halb zerfallenen Park zu erkunden. Kaum standen wir mit unseren gezückten Kameras an einer Tribüne, wo früher einmal Tiershows und Ähnliches stattgefunden haben müssen, kam auch schon der Parkwächter. „I’m sorry, this place is closed. You have to go.“ sagte er und setzte eine traurige Miene auf. Dazu hielt er uns einen Zettel entgegen, der in ordentlicher Schrift aber trotzdem keinen Sinn ergebendem Englisch etwas darüber erzählte, dass der Zugang hier nicht erlaubt wäre. Damit hatten wir ja bereits gerechnet und so fragte Theresa nach kurzem Überlegen einfach danach, wie es denn aussehen würde, wenn wir ihm Geld gäben. Der Parkwächter spielte seine Rolle gut, denn wir wussten genau, dass hier täglich Touristen ankommen und mit Bestechung den Park anschauen. Trotzdem zeigte er das nicht und fing an uns zu mahnen: „No climbing. No smoking. No fire. No spraying (Graffitis waren gemeint).“ Wir antworteten: „No, just photography“ und zeigten unsere Kameras. Seine Antwort: „20.000 Dong. You have 40 minutes, then you go.“ Na damit lässt sich doch etwas anfangen.

Wir gaben ihm das Geld und brausten los zur nächsten Station, einem Wasserbecken mit drei Rutschen und einem Kleinkinderbecken daneben. Nach einer kurzen Erkundung ging es dann zur ehemaligen Hauptattraktion, einem riesigen Drachenkopf. Im Erdgeschoss gab es mal Krokodile und Aquarien hinter Glasscheiben, läuft man die Treppen hoch kann man auf einer Aussichtsplattform im Maul des Drachens stehen und über den Park schauen. Verschiedene Treppen und Räume führten auf und ab und wir hatten leider zu wenig Licht und zu wenig Zeit um alles genauer zu erkunden. Verrückt fanden wir diesen verlassenen Ort irgendwie schon und als wir uns auf den Rückweg machten kamen uns noch 6 andere Touristen entgegen. Der Parkwächter setzte seine grimmig-strenge Miene auf, als wir uns bedankend und winkend an ihm vorbei fuhren – Das ist wohl seine Pflicht, auch wenn er sich hier sicher eine goldene Nase verdient und deshalb bestimmt gar nicht so böse über unseren Besuch war.

Zurück im Stadtzentrum suchten wir erneut das Nook auf und trafen zurück im Hostel dann auf Leonie und Magdalena, zwei österreichische Mädels die nach dem Abitur gerade das Reisen ausprobieren. Eine ganze Weile später verebbte das angeregte Gespräch und wir schliefen schnell ein.

4 Comments

Leave a Comment to Jul Malli Cancel Reply