Ihr glaubt gar nicht, wie oft wir von Opas und Omas, Freunden, Eltern und anderen Reisende gefragt werden: „Machts denn noch Spaß?“ oder „Warum tut ihr euch das denn an?“
Deshalb haben wir uns dazu entschieden, euch mal einen kleinen Einblick zu geben, was auf der Reise so in uns vor geht. Dieser Artikel wird also nicht viele Ereignisse, Infos und Fotos enthalten, sondern berichtet einfach etwas über unsere Gefühle, die in unserem Monat in China so aufkamen.
Wir haben euch in den letzten Wochen viel über tolle Sehenswürdigkeiten und die bestaunenswerte Natur berichtet, die wir gesehen haben. Dabei ging es uns aber nicht immer nur glänzend. Um ehrlich zu sein: China war anstrengend. Und zwar sehr. Woran das genau lag, können wir gar nicht so ausmachen, vielleicht kamen auch einfach eins und eins zusammen und brachten das Fass zum überlaufen. Die Frage „Machts denn noch Spaß“ war in dieser Zeit also manchmal ein Treffer ins Schwarze, denn zwischendurch gab es Tage an denen die Antwort vielleicht eher negativ ausfiel.
Wir stellten fest, dass uns einige Chinesen mächtig auf den Senkel gingen. Sie benehmen sich einfach anders, als wir es gewohnt sind. Es wird auf den Boden gespuckt, rumgerotzt, geschmatzt, sich vorgedrängelt und geschubst und mit am schlimmsten: immerzu rumgeschrien. Der Lautstärkepegel der durch die Menschen entsteht ist bereits anstrengend genug, noch hinzu kommen dann Baustellen und der Verkehr. Unsere Situation damit umzugehen erschwerte sich durch fehlende Rückzugsorte, da die Hostels in China selten einen annehmbaren Gemeinschaftsbereich/Küche hatten.
Damit wären wir auch schon beim nächsten Thema, dem Essen. Wir mögen Reis oder Nudeln mit Gemüse ja echt gern, aber dreimal am Tag kommt das für uns nicht in Frage. Wir strauchelten bei dem Versuch, ein annehmbares Frühstück und einen Ersatz für die vor allem von Yannick schmerzlich vermisste Brotzeit zu finden – vergeblich. In China wird kein Gebäck produziert, welches nicht Tonnen von Zucker enthält und ohne eine Gemeinschaftsküche im Hostel entkommt man auch schlecht den chinesischen Standardmahlzeiten. Wir fingen also an zur Abwechslung zu amerikanischen Fast Food Ketten zu gehen, was uns direkt wieder ärgerte, weil wir das eigentlich doof finden. Unsere Bäuche waren also nicht so richtig glücklich und das machte auch uns unglücklich. Satt waren wir sicherlich, aber der „Gourmethunger“ wurde immer größer und unzufriedener.
Ein weiterer anstrengender Punkt: Die Hitze. In China hatten wir Temperaturen bis über 40 °C mit hoher Luftfeuchtigkeit, die uns die Energie praktisch aussaugte. Dass Yannick nicht so der Liebhaber von hochsommerlichen Temperaturen ist, dürfte ja bekannt sein, aber selbst Theresa kapitulierte an so manchem Tag. Außerdem ist China riesig und man will ja eigentlich nichts verpassen. Von einem Ort zum nächsten, morgens um spätestens 6:30 aufstehen und abends erst nach Mitternacht ins Bett gehen hielten wir genau 4 Tage durch, bevor Theresa krank wurde und die Laune deutlich sank.
Nach unseren ereignisreichen aber trotzdem irgendwie ruhigen Monaten in Russland und der Mongolei war China bereits ab dem ersten Moment ein Kulturschock. Hitze, Hektik und Unruhe sprengten unsere Toleranzgrenze. Dazu kam noch die dauerhafte Überwachung. An jeder U-Bahnstation eine Gepäckkontrolle, wohin man auch schaut eine Webcam. Selbst nach ein paar Tagen gewöhnten wir uns nur dürftig an die neue Situation und fanden uns beide oft gereizt oder etwas ausgelaugt vor. Nach einer Woche in China hat es uns eigentlich schon wieder gereicht.
Was also tun? Wir setzten uns hin und versuchten die Stressquellen auszumachen. Um sie dann hoffentlich eliminieren zu können. Ersteres gelang ganz gut, Zweiteres gestaltete sich eher schwierig.
Die Chinesen machen im August nunmal selbst Urlaub, also gibt es kein Entkommen von den Touristenmassen, außer man geht nicht mehr zu den großen Sehenswürdigkeiten. Eine Option, die nicht wirklich immer in Frage kam.
Beim Essen machten wir nur in den letzten zwei Wochen in der Yunnanprovinz Fortschritte, was unseren Hostels zu verdanken waren, die zumindest zum Frühstück und manchmal auch Abends „Western Food“ anboten. Außerdem gibt es in Yunnan Kartoffeln (ich weiß nicht wann wir zuletzt mit solch einer Freude Kartoffeln gefuttert haben) und im Walmart in Kunming fanden wir in unseren letzten drei Tagen doch in der Tat echtes Baguette! Das war zwar kein Vollkornbrot aber es hatte eine Kruste und war herzhaft. Mit salziger Butter verspeisten wir gleich drei von den Dingern! Es ging also aufwärts, aber super toll war es immer noch nicht.
In Yunnan wartete außerdem etwas kälteres Wetter auf uns, was unseren Aufenthalt dort deutlich angenehmer machte.
Die größte Änderung machten wir wohl bei unserer Art zu reisen. Wir stellten fest, dass wir die ersten 2,5 Monate im Urlaubsmodus gereist sind – möglichst viel in kurzer Zeit zu erleben. Das funktioniert aber auf Dauer nicht und so beschlossen wir, unseren Reiseplan zu überarbeiten. Weniger ist mehr, steht seitdem auf unserer Tagesordnung. Wir fuhren die Geschwindigkeit etwas herunter, strichen manche Ziele von der Liste und planten mehr Pausetage ein. Einfach mal nix tun und den ganzen Tag im Hostel rumzuchillen ist nämlich mindestens genauso wichtig, wie eine Sehenswürdigkeit zu sehen. Manchmal fällt es uns immer noch schwer, nicht drauf los zu springen und alles was nur geht in den Tag zu stopfen. Aber wir haben halt nur 24 Stunden am Tag, von denen wir auch mal ein paar schlafen und entspannen müssen. Wir buchten uns auch trotz Überschreiten unseres Budgets noch öfter ein Doppelzimmer, um unsere Ruhe zu haben und uns zurückziehen zu können. Seitdem wir all das begriffen und unseren Reisestil etwas angepasst haben, geht es uns deutlich besser. Unsere erste kleine „Reisedepression“, bei der wir uns ganz schön oft gefragt haben, ob wir hier gerade das Richtige tun, haben wir also hinter uns. Nun stehen wir hier und können ehrlich sagen: Ja, es ist noch das Richtige. Und es macht auch noch Spaß.
Schmunzeln : Da China ja allgemeinhin als das Land gilt aus dem die große Weisheit stammt , war man versucht, dies aufgrund eurer vorhergehenden Beiträge und Erzählungen etwas anzuzweifeln. Liest man nun diesen wertvollen Beitrag kann man aber doch mit Fug und Recht behaupten : In China habt ihr durch all die Schwierigkeiten hindurch Lebensweisheit getankt!!!!!
Ja, das mit Sicherheit! Ich glaube das „alte“ China, das Land der Weisheit gibt es nicht mehr an so vielen Stellen – Leider.
Ein toller und ehrlicher Blick hinter die Kulissen. 🙂
Und ich dachte in China regiert das Zen und die Kraft der Ruhe…
Ja, das Zen und die Kraft der Ruhe haben wir auch gesucht. Wahrscheinlich wird man hier am ehesten noch in Tibet fündig!