Die Große Mauer in Gubeikou

An unserem dritten Tag in Peking machten wir uns auf den weg zur chinesischen Mauer. Das riesige Bauwerk, dass zu den Weltwundern gehört, darf man wohl kaum verpassen, wenn man mal in China ist. Immerhin tummelt sich die Mauer bei den meisten Reiseführern im Wettkampf mit der verbotenen Stadt auf Platz 1 oder 2 der „Must-See-Places“. Der Bau der Grenzbefestigung, die nomadische Reitervölker aus dem Norden fernhalten sollte begann bereits im 7. Jahrhundert vor Christus und alle Abschnitte gemeinsam bringen es auf eine Länge von circa 21.000 km!!!

Von Peking aus kann man zu verschiedenen Orten der Mauer Tagesausflüge machen. Wir entschieden uns für Gubeikou, einem kleinen Dorf, dass zwischen zwei Mauerabschnitten liegt: dem hockenden Tiger und dem sich windenden Drachen. Die Steine sind dort bereits vor 1500 Jahren aufeinandergestapelt worden und wurden nicht restauriert. Der Reiseführer versprach uns also eine Wanderung auf bzw. neben einem „wilden“ Abschnitt der Mauer, die man hier in ihrem ursprünglichen Glanz nur noch erahnen kann und deshalb natürlich weniger Touristen anlockt.

Um 5:00 trafen wir uns also verschlafen im Gang vor unseren Dormrooms und machten uns dann auf den Weg, die erste U-Bahn zum Busbahnhof zu erwischen. Nachdem wir das sogar erfolgreich gemeistert hatten folgten 100 Minuten Busfahrt nach Miyun und anschließend weitere 80 Minuten im nächsten Bus. Nach 4 Stunden Fahrt kamen wir endlich in Gubeikou an und fanden sogar das Eintrittstor zur alten Stadt und der dahinterliegenden Mauer des sich windenden Drachens. Leider hielt uns die nette Dame nach kurzer Suche einen Zettel unter die Nase, auf dem wir auf Englisch entziffern konnten: „Wall closed because of weather damage. I’m very sorry.“ Na klasse! Was für ein Wetterschaden? Hier knallt doch nur die Sonne runter wie blöd! Und jetzt? Wir rechneten einen Moment herum, was wir mit unserem Tag noch so anfangen konnten und kamen schnell zu dem Schluss, dass wir selbst beim sofortigen Antreten des Rückwegs nach Peking sicherlich keine Besichtigungen in der Stadt mehr schaffen würden. Mutig entschlossen wir uns, es auf der anderen Seite des Flusses zu probieren, denn über den Teil des hockenden Tigers sah unser Reiseführer keinen Eintrittspreis, keine Wanderung und nicht mehr Infos vor als „auf der anderen Seite des Flusses kommen nach kurzer Zeit Steintreppen auf der rechten Seite.“

Da wir ja sowieso kein Alternativprogramm mehr antreten konnten beschlossen wir dieses Abenteuer anzugehen und es zumindest zu probieren. Mehr als dass wir eine Stunde sinnlos in der Hitze rumwandern kann ja nicht passieren… Gesagt getan fanden wir die Steintreppe und passierten nach kurzer Zeit einen kleinen Tempel. Dahinter schlängelte sich ein verlassener Pfad durch den Wald bis wir tatsächlich an einem Wehrturm der Mauer herauskamen! Nebenbei erwähnt schwitzten wir uns auf diesem Kilometer bereits zweimal komplett durch und fragten uns, was mit dem Wetter in diesem Land nur verkehrt wäre. In dem Turm, der noch komplett erhalten war ruhten wir uns erstmal eine Weile aus und leerten die erste unserer 1,5 Liter Flaschen endgültig. Nachdem wir etwas abgekühlt warten starteten wir mutig den Aufstieg. Es bleibt zu erwähnen, dass der hockende Tiger ein extrem steiler Teil der Mauer ist. Wir schlängelten uns in der Affenhitze bestimmt einen Kilometer entlang den Mauerresten, versuchten wo es nur geht Schatten zu finden und schwitzten mehr als in jeder finnischen Sauna. Unser Ausflug war also ziemlich anstrengend aber schön. Nachdem wir ein paar Fotos geschossen haben machten wir uns auf den Rückweg zu unserer kleinen Wehrturm-Oase, bis wohin uns dann auch die nächste Wasserflasche zum Opfer fiel. Was man diesem Abschnitt zu Gute halten muss ist folgendes: Wir haben keine andere Menschenseele getroffen und hatten die Mauer ganz für uns! Wir haben keinen Eintritt bezahlt. Und noch dazu findet man hier einen wildromantischen Abschnitt der Grenzbefestigung, von dem wir in vielerlei Hinsicht beeindruckt waren. Wie zur Hölle haben die das vor so vielen Jahren an so einen steilen Berghang hingebaut? Und außerdem: Verwunderlich, dass überhaupt noch so viel Rest von dem Bauwerk übrig ist, nachdem keine Restaurierung vorgenommen wurde.

Mittags wieder im Dorf angekommen deckten wir uns mit Eis und kühlen Getränken ein und machten uns auf den stundenlangen Rückweg nach Peking.

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