600.000 Einwohner, 70 km entfernt vom Baikalsee und auch hier strahlender Sonnenschein. Irkutsk begrüßten wir am frühen Morgen noch ziemlich verschlafen. Seit 71 Jahren gibt es in der ostsibirischen Stadt Trambahnen und als wir in unsere einstiegen kam es uns vor, als wäre die Tram selbst auch noch Baujahr 1947. Dafür kostet sie nur 15 Rubel, egal wie weit man fährt uns so kamen wir 10 Minuten und knapp 25 Cent später an unserer Haltestelle an. Gleich ums Eck fanden wir auf Anhieb das „Rolling Stones Hostel“, das für die kommenden drei Nächte unser Zuhause werden sollte. Das Baby Hostel gibt es erst seit 2015, und ist von einem jungen Geschwisterpärchen geführt, modern und viel gefragt. Auch wenn wir unser Zimmer erst ab 13 Uhr beziehen konnten, durften wir bereits den Gemeinschaftsbereich nutzen. So kam es, dass wir an unserem ersten Tag einfach etwas Zeit vertrödelten und gar nicht so viel unternahmen. Nachmittags liefen wir einmal zur Touristeninfo, wo wir beim super schönen und günstigen Zentralmarkt vorbeikamen und uns mit etwas Gemüse und Kirschen eindeckten. Anschließend erfolgte noch ein Spaziergang zum Bahnhof, um unser Zugticket von Ulan Ude nach Ulan-Bator (Mongolei) zu erwerben, da man internationale Tickets nur am Schalter kaufen kann. Zum Glück gab es eine Mitarbeiterin, die englisch sprach, das erleichterte uns einiges!
Auf dem Rückweg flanierten wir noch ein bisschen an der Uferpromenade des Angara River, dem einzigen Fluss der aus dem Baikalsee rausfließt, während der größte See der Welt von mehreren Tausend Zuflüssen gespeist wird.
Wie wir ja bereits alle wissen ist die Welt sehr klein und so lernten wir beim Abendessen ein paar Deutsche, unter Anderem Matthias aus Freising kennen. Beim angeregtem Gespräch und dem Austausch lustiger Geschichten kamen wir das erste Mal in den Genuss des russischen Nationalgetränks. Richtig, wir sprechen hier von Vodka. Der gar nicht so teure Alkohol hat hier allerdings eine beeindruckend gute Qualität und so kann man hier tatsächlich von Genuss sprechen. Yannick führte dieses Beisammensein noch bis 2 Uhr nachts fort, während Theresa sich bereits eine Stunde früher ins Bett verabschiedete.
Ausschlafen. Endlich. Mal so richtig! Unser zweiter Tag in Irkutsk begann noch fauler als der erste, da wir uns keinen Wecker stellten und einfach mal ausschliefen. Bis ca. 15 Uhr kamen wir dann auch nicht aus dem Hostel los, da wir noch einiges zu planen und zu recherchieren hatten. Den restlichen Nachmittag verbrachten wir dann am Wasser. Wir trauten uns in der Tat eine Strecke von etwa fünf Metern durch knietiefes Wasser zu einer Sandbank zurückzulegen, wozu wir nur sagen können: ALTER IST DAS KALT! Selbst Theresa, die sonst nicht so ein Problem mit kaltem Wasser hat fand es schon fast unangenehm und beeilte sich beim Rückweg extra… Trotzdem wird wohl irgendwann noch ein Bad im Baikalsee folgen, denn der Legende nach schenkt das Untertauchen darin einem sieben Lebensjahre 😉 . Anschließend packten wir unsere Ukulele aus und musizierten ein wenig, bis wir Hunger bekamen und uns auf den Rückweg zum Hostel machten. Schnell kamen wir beim Kochen ins Gespräch mit Steffi, deren Deutschheit sich uns bereits durch ihr Essen (Kartoffeln mit Quark und Salat) verriet. Sie erkannte unsere Herkunft aber genauso schnell durch unsere Barfußschuhe. Wir verabredeten uns für den nächsten Morgen zur Teilnahme an der Free Walking Tour in Irkutsk und verabschiedeten uns recht bald ins Bett.
Die Free Walking Tour von Max ist eine ganz neue Erfindung. Wie wir erfuhren kam die Idee erst drei Tage vorher auf und wir drei bildeten gemeinsam mit zwei Brasilianern aus unserem Hostel seine erste Gruppe. Er zeigte uns Statuen, Kirchen, Triumpbögen, … und erzählte uns ihre interessante Geschichte dazu. In der kommunistischen Zeit unter Stalin wurde angeordnet, so gut wie alle Kirchen etc. zu zerstören. Glücklicherweise kam es oft nicht dazu, die Gebäude wurden lediglich anderweitig genutzt. So wurde eine der katholischen Kirchen beispielsweise zur Bäckerei und zum Schlafsaal umfunktioniert. Erst 2011, als Irkutsk sein 350-jähriges Bestehen feierte, wurden viele historische Bauwerke restauriert, wiederaufgebaut und in ihren ursprünglichen Nutzen zurückgeführt. Irkutsk ist dadurch aktuell eine recht aufstrebende, junge Stadt, in der sich in den nächsten Jahrzehnten sicher noch viel verändern wird. Nach der informativen Stadtführung gingen wir mit Steffi ins Appetite, einer russischen, günstigen Kantine in der auch die lokale Bevölkerung isst. Für die „real russian experience“ kann man diese Lokalität nur empfehlen. Wir probierten gebackenen Omul, eine Fischart, die nur im Baikalsee vorkommt. Von den Gräten abgesehen war der Fisch wirklich lecker und auch die restlichen Sachen die wir probierten waren gut. Gesättigt schlenderten wir noch eine Weile herum und kauften auf dem Markt frisches Gemüse zum gemeinsamen Kochen ein.
Da an diesem Tag der russische Nationalfeiertag war, fand auf dem Kirov Square anscheinend eine Art Volskfest statt. Leider verpassten wir dieses, da wir zu lange Pause machten, bis wir dort ankamen. Gleichzeitig sah man am ganzen Tag aber sehr interessante Geschehnisse, wie z.B. einen in Nationalfarben gekleideten Jungen, der mit seiner Mutter die Eternal Flame, eine Gedenkflamme an gefallene Soldaten im zweiten Weltkrieg, besuchte.
Die Kartoffeln mit Quark und Salat waren vorzüglich und den restlichen Abend vertrödelten wir mit anderen Weltenbummlern im Gemeinschaftsbereich. Schließlich packten wir noch unsere Sachen, denn am nächsten Morgen sollte uns ein Kleinbus zur Insel Olchon, der größten Insel im Baikalsee, bringen.