Insel Olchon, Olkhon Island

Als wir im Hostel unseren weiteren Russland Aufenthalt planten wurde uns sehr oft empfohlen, wir sollten zur Insel Olchon fahren. Nach dem fünften Mal waren wir dann überzeugt, dass dies kein Zufall mehr sei und so organisierten wir uns ein Hostel auf der mit Abstand größten Insel im Baikalsee, sowie die Busfahrt hin und zurück.

Diese Busfahrt war ein Abenteuer! Ein Kleinbus sammelte uns und Gleichgesinnte in Irkutsk ein, und dann brausten wir auch schon los. Der Busfahrer fuhr eher mutig als vorsichtig und so hatten wir am Ende der Busfahrt um ein Haar etwa 5 Kühe und 2 Pferde auf dem Gewissen. Diese stehen im russischen Hinterland nämlich gerne mal teilweise oder auch ganz auf der Straße rum, wenn ihnen die unendliche Weide gerade zu langweilig geworden ist. Bis zur Fähre konnte man noch von einer Straße sprechen: Wenn auch mit Wäschewannen-großen Schlaglöchern bespickt, ist der Weg hier immerhin geteert. Nach der kurzen Überfahrt auf die Insel sah das schon ganz anders aus. Die Straßen hier haben bisher weder etwas von Teer, noch von Schotter gehört, also bestehen die Fahrwege einfach aus festgewalztem Sand. So kommen natürlicherweise eine Bodenwelle nach der anderen zustande und die 45 Minuten bis wir im Dörfchen Khuzhir ankamen holperte der Bus ganz schön. Das veranlasste den Busfahrer allerdings nicht dazu, sein Tempo zu drosseln. Nicht umsonst rief einer von drei lustigen mitreisenden Finnen laut: „Wooow, this is a f*cking roller coaster!“

An unserem idyllisch gelegenen Hostel am Rande des Städtleins wurden wir nach ca. 6 h Fahrt aus dem Bus geschmissen und die sehr nette Besitzerin begrüßte uns gemeinsam mit zwei französischen Jungs, die die Strecke mit ihrem Mietauto bewältigt hatten. Wir bezogen unser Zimmerchen und machten uns dann bald auf den Weg ins Zentrum um uns dort Fahrräder zu leihen. Der lustige Besitzer konnte auch ein paar Wörter Deutsch und so starteten wir nach ein paar Minuten mit unseren Mountainbikes zum Schamanenfelsen. Zur kurzen Erklärung: Auf der gesamten Insel finden sich für die Burjaten heilige Orte. So zum Beispiel der „Shaman Rock“, der fußläufig von Khuzhir gelegen ist, oder das Nordkap, dass wir am nächsten Tag besuchten. Außerdem finden sich überall Pfähle oder Bäume, an die bunte Bänder geknotet werden und als Opfergaben werden Geldmünzen, Reis oder Milch verstreut. Dementsprechend haben diese Orte irgendwie eine besondere Kraft und sind mystisch angehaucht, vor allem, wenn man dann Personen sieht, die noch traditionell zu den Schamanen beten oder ihnen Opfer darbringen.

Freudig fuhren wir mit unseren Mountainbikes umher und erkundeten etwas die Gegend. Wir kamen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, denn der See strahlt eine wahnsinnige Kälte und trotz dessen, dass er so ruhig da liegt – oder vielleicht auch genau deshalb – eine große Energie aus. Das Phänomen des unendlichen Kältespeichers faszinierte uns ganz besonders. Nach unserem Abendessen statteten wir der Banya, der traditionellen russischen Sauna, einen Besuch ab, der sich wirklich lohnte. Bilderbuchmäßig wie es im Wikipedia-Artikel zu lesen ist bestand die Banya aus drei Räumen: Dem Umkleide-/Pauseraum, dem Waschraum und der Sauna selbst. Wir hatten das Vergnügen ganz für uns und genossen die wohltuende Hitze und das Abklopfen mit den Birkenzweigen nach den Saunagängen. Ein Erlebnis, dass wir so schnell nicht vergessen werden.

Am nächsten Morgen starteten wir auf die Nord-Tour, die uns vorher auch wärmstens empfohlen wurde. Pünktlich holte unser Fahrer Andrej uns mit seinem kleinen grauen Sowjet-Bus ab und dann ging die wilde Fahrt auch schon los. Natürlich war unser Bus mit seinen 15 Insassen nicht der Einzige der sich seinen Weg nach Norden suchte und so sah man an jedem Stop mindestens 10 andere Busse heransausen aus denen Touristen aller Nationen sprangen. Unser Fahrer erzählte an jedem Stop ein paar Sätze zu dem Ort, was ihn besonders macht, oft eine Legende dazu – leider aber alles auf russisch… Dementsprechend verstanden wir leider nichts aber die Natur genossen wir trotzdem sehr.
Um den Platz was uns am meisten beeindruckt hat konkurrieren zwei Dinge: Einerseits der faszinierende Baikalsee und die wunderschöne Natur außenrum, die einen irgendwie in seinen Bann zieht und andererseits was für abgefahrene „Straßen“ wir mit dem Bus bewältigten. In Deutschland würde man das nichtmal mehr mit einem geländegängigen Zweirad fahren und hier hält man sich einfach fest wenn der Bus sich in eine beträchtliche Schräglage begibt. Nach Anschnallgurten braucht man gar nicht zu suchen und so war die Fahrt selber mindestens genauso ein Highlight wie die besuchten Orte. Kein Wunder, dass unser Kamerakku am Abend leer und die Speicherkarte deutlich voller war. Wir machten Stops in Kharantsy und Peschanaya am Sagaan-Khusun Kap, den Klippen am Kap Khoboy und natürlich an der Nordspitze der Insel. Dort kochte Andrej eine leckere russische Suppe zum Mittagessen, bevor wir noch an der Uzury-Bucht hielten. Danach ging es in einem Affentempo wieder zurück in Olchon’s „Hauptstadt“ Khuzhir, wo alle Busse ihre Mitfahrer mit quietschenden Reifen und beträchtlichen Staubwolken auf den Westernstadt-mäßigen Sandstraßen wieder ablieferten. Ganz seltsam sieht es übrigens auch aus, wenn Pferde und Kühe aus dem „Meer“ trinken.
Für umgerechnet ca. 16 € pro Person war dieser Tagesausflug definitiv gelungen, denn auf eigene Faust kommt man aufgrund der Straßenverhältnisse sowieso nicht dort an wo man hin will. Khuzhir selbst erinnerte uns ein wenig an Dawson City in Kanada. Straßen aus Sand, Häuser mit bunten Fassaden aus Holz, wenige Einwohner, im Sommer Touristen.

Zurück im Hostel packten wir unsere Brotzeit und machten uns nochmal auf an die Küste zum Schamanenfelsen. Dort saßen wir den ganzen Abend und verfielen in ein langes und sehr schönes Gespräch mit Rouven, der auf seinem Spaziergang zufällig vorbeikam und den wir bereits aus Irkutsk kannten. Ein schöner Abschluss für unsere kurze Zeit auf dieser besonderen Insel. Ein ganz besonders herrlicher Moment – wir stehen beim Abschied vor dem Supermarkt, als zwei Kühe plötzlich fröhlich über die Holzterasse galoppieren, kurz zeigen wer hier der Chef ist, aus einer Pfütze schlabbern und anschließend wieder spielerisch davon springen. Für uns Deutsche urkomisch, in Russland ganz normal!

P.S. Die Bildauswahl fiel wirklich schwer, also genießt einfach die Anzahl 😉

6 Comments

  1. Tolle Bilder!!! Ihr solltet überlegen, nach der Reise einen Bildband herauszugeben! Vor allem die Babuschka ist ja genial!!!
    Ich freu mich schon auf weitere Berichte!

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