Alles Einsteigen in die Transsibirische Eisenbahn

Der Mythos der Transsibirischen Eisenbahn, die längste Zugreise der Welt. Jeder hat schonmal von dieser gehört und bestimmt den ein oder anderen Gedanken dorthin schweifen lassen.

Aber wie ist dieser Zug denn jetzt wirklich?

Wir haben uns auf die Gleise begeben und die ersten Eindrücke gesammelt. Aber eins vorneweg: „DIE“ Transsibirische Eisenbahn gibt es eigentlich gar nicht. Es fahren nämlich allerhand Züge auf verschiedenen (Teil-)Strecken durch Russland, die Mongolei und auch China. Wie man jetzt genau die gigantischen Distanzen überwindet bleibt dem Reisenden selbst überlassen und so wird das Abenteuer Transsib für jeden ein ganz Eigenes.

Start – Moskau Kasanskaya Bahnhof

Die erste Herausforderung besteht darin den richtigen Bahnhof zu finden. Moskau hat nämlich nicht einen Hauptbahnhof, wie es in deutschen Städten üblich ist, nein, Moskau hat ganze 8(!) große Fernbahnhöfe. Diese sind nach möglichen Destinationen in alle Himmelsrichtungen aufgeteilt. Bei einer Stadt mit knapp 12 Mio. Einwohnern erscheint dieses System eigentlich ganz praktisch.

Mit Vorfreude und etwas Nervosität stiefelten wir also den Bahnsteig entlang zu unserem Waggon. Dort wurden wir freundlich von der Schaffnerin begrüßt und unsere Tickets wurden gescannt. Mit Schaffnerin, meine ich natürlich die Zugbegleiterin für unseren Wagen, denn jeder hat seine Eigene oder Eigenen Angestellten, die auch während der Fahrt rund um die Uhr das Abteil betreuen.

Aus unserer letzten Zugfahrt gelernt, fanden wir uns schnell im Zug zurecht und bezogen unsere Pritschen. Zwei große Liegeflächen, beide oben, hatten wir uns im Internet auf der russischen Bahnwebsite gebucht. Der Vorteil an den oberen Plätzen ist der günstigere Preis und die etwas größere Ungestörtheit. Der Nachteil aber, dass man sich nicht wirklich hinsetzen kann, keinen Tisch hat und es oben ein wenig wärmer ist als unten. Wo wir gleich beim nächsten Punkt wären: Der Hitze! Wir waren in einem unklimatisierten Wagen (klimatisiert gab es nicht mehr) und es hatte dauerhaft zwischen 30 und 37 °C, was wir an unseren durchgeschwitzten Matratzen und einem Thermometer im Zug erkennen konnten.

Am Anfang der Zugfahrt richten sich die Russen erstmal häuslich ein. Das schicke Straßenoutfit wird schnell gegen bequeme Klamotten getauscht und die Unmengen an Essen in ihren Plastiktüten werden akribisch sortiert. Generell wurde bei unseren Mitfahrern viel Wert auf Ordnung und Sauberkeit gelegt. Auch das Bekanntmachen mit den Nachbarn gehört dazu. Bei uns beschränkte sich dieser Teil auf die wenigen Brocken Russisch, die wir eben können. Und nach der kurzen Anfangseuphorie stellt sich dann ein immer wechselndes Muster von Aktivitäten bei den Insassen ein.

Die meiste Zeit des Tages wird gedöst. Dabei schaffen manche Männer und besonders auch Frauen beeindruckende Dezibelwerte mit ihrem Rachen zu erzeugen, die durch den gesamten Wagen schallen. Die andere Hauptbeschäftigung ist das Essen und Trinken. Hierbei zaubern die Menschen so einiges auf den Tisch. Die Bandbreite reicht von 5-Minuten-Terrine über Snacks bis hin zum eingetupperten Drei-Gänge-Abendessen. Besonders auffällig war dabei der Verzehr von Fischgerichten, den man bis ans andere Ende des Abteils riechen konnte. Getrunken wird vor allem Tee (russ.: Tschaj). Es herrscht rund um die Uhr Betrieb am großen Wasserboiler, an dem man sich kostenlos heißes Wasser zapfen kann. Die bereits erwähnte Umgebungstemperatur scheint die Leute auch nicht von ihrem enormen Teekonsum abzuhalten. Das restliche Zehntel der Zeit ließt man ein Buch, hört Musik oder sieht aus dem Fenster, wo wenn man Glück hat, gerade kein unendlicher (wenn auch schöner) Birkenwald vorüberzieht.

Im Wesentlichen haben wir die zwei Tage und zwei Nächte, die wir im Zug verbracht haben nicht viel anderes erlebt. Die einzige Aufregung herrschte, als die Zugbegleiterin fluchend durch den Gang lief, alle Leute befragte und schließlich wieder fluchend mit Gummihandschuhen, Eimer und Lappen bewaffnet gen Toilette tobte. Diese war die ganze Fahrt über relativ sauber gewesen.

Einmal am Tag wurden wir durch einen längeren Halt beglückt, bei dem man sich am Kiosk oder bei den Babuschkas mit neuen Essensvorräten und so mancher Leckerei versorgen konnte. Die Babuschkas (russ.: Oma/Mütterchen) sind Frauen, die zuhause Essen zubereiten und es dann direkt am Bahnsteig verkaufen. Wir probierten von diesen russische Kartoffelpieroggen und gefüllte Pfannkuchen und wurden nicht enttäuscht! Das schönste an diesen Pausen war aber die frische Luft, der Wind und das kurzzeitige Entkommen aus dem Zug (wie bereits erwähnt konnten wir auf unseren Plätzen nicht sitzen/stehen).

Zurück im Zug ging das selbe Spiel von vorne los und einer hat sich garantiert draußen mit neuem Fisch eingedeckt.

Wenn man so lange auf engem Raum mit den Einheimischen ist, lernt man sie doch ganz gut kennen, auch wenn man nicht Ihre Sprache spricht. So können wir sagen, dass die Russen, die wir dort erlebten, ein wenig reserviert, aber sehr nett und hilfsbereit waren.

Und irgendwann, nach ca. 3200km erreichten wir Novosibirsk, wo wir den Zug endlich verlassen konnten und dort erstmal zwei Tage geblieben sind.

 

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