Riga

Auf die Über-Nacht-Fahrt nach Warschau folgte also gleich eine weitere Busfahrt über Nacht nach Riga. Diese ging, wie bereits geschrieben, gleich mal verspätet los. 1,5 h nach der geplanten Abfahrtszeit bog der gelb leuchtende Ecolines-Bus dann um die Ecke und wir waren endlich vom Warten erlöst.
Beim Einstieg mussten wir wieder unsere Pässe mit Tickets vorzeigen, gaben unsere Gepäckstücke ab, die daraufhin gleich mit einer Nummer und zugehörigem Abholschein versehen wurden und wurden angewiesen, dass unsere Sitzplätze 15 + 16 auf dem „second floor“ des Doppelstöckigen Busses zu finden seien. Kaum hatten wir Platz genommen, kam die nette „Stewardess“ noch einmal vorbei, erklärte uns alle Funktionen die unser Platz so zu bieten hatte und sammelte die Tickets ein, die einem dann kurz vor der Ankunft wieder ausgeteilt werden. Bei dieser Betreuung kann man sicher sein, dass man seinen Ausstieg nicht verschläft, auch wenn das bei unserer Ankunftszeit (12 Uhr Mittags) sowieso eher weniger relevant war.
Neben diesem guten Service überraschte uns auch die Ausstattung des Busses: Wie im Flugzeug befand sich in der Rückseite des Sitzes vor einem ein kleiner Bildschirm, auf dem man haufenweise kostenlose Filme (oft auch in Deutsch verfügbar), Musik, Hörbücher undsoweiter finden konnte. Wir entschieden uns dafür, noch „Deadpool“ anzusehen, da wir den noch nicht kannten und Yannick den schon länger mal sehen wollte. Nach der etwas platten, aber doch ganz lustigen Darstellung starteten wir wieder mal eine lange, unruhige Nacht mit vielen Halbwach-Phasen des Busfahrens.
Irgendwann war die Fahrt dann Gott sei Dank vorbei, so zwei Nächte im Bus hintereinander sind schon anstrengend. Wir fragen uns bis heute, wie wir das in Kanada fünf (!) Nächte hintereinander überlebt haben!!!

In Riga angekommen stapften wir mit Sack und Pack gleich zu unserem Hostel um unser Zweibettzimmer in Beschlag zu nehmen. Auf der Website sahen die Räumlichkeiten sehr ansprechend und nett aus, in Wirklichkeit war es dann doch eher eine Bruchbude. Wir brauchten erstmal eine Weile, den Eingang zu finden. Dies lag daran, dass das Hostel keine Rezeption hat und man um Punkt 13:00 Uhr (Zeitpunkt zu dem man einchecken kann) eine SMS bekommt, wo man die Tür findet und was der Code ist. Durch das karge Treppenhaus hindurch kamen wir im vierten Stock im „Hostel“ an. Eigentlich ist das ganze eine 6-Zimmer-Wohnung, die billig als Übernachtungsmöglichkeit vermietet wird. Das Geld das hier investiert wurde beschränkte sich unserem Eindruck nach so ziemlich auf die Zahlencode-Schließanlage an der Eingangstür. Es ist nun nicht so, dass es besonders schmutzig war, es war einfach hässlich. Kein einziges Bild irgendwo, zum Teil der Bauschaum und roher Putz zu sehen, die einfachsten Möbel die man finden kann, überall Farbe und Panzertape auf dem Boden, …

Wir waren zwar etwas enttäuscht, da die Internetanzeige unserer Ansicht nach etwas anderes versprach, doch wie wir alle ja wissen: Vermarktung ist alles! Trotzdem wollten wir uns die Laune und den Aufenthalt in Riga nicht verderben lassen und dachten uns: ist ja eh nur für eine Nacht.

Als wir unsere sieben Sachen zusammengesucht hatten, machten wir uns auf den Weg, den berühmtberüchtigten Zentralmarkt anzusehen. Hier gibt es Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Obst und Gemüse und allerlei Krimskrams in fünf riesigen Hallen und dem Platz außenrum zu erwerben. Nachdem wir einmal über den ganzen Markt geschlendert waren entschieden wir uns für zwei Pizza-ähnliche Gebäckstücke und einer Schale lecker schmeckender „Zemens“. Für 2,95€ insgesamt hätte man in Deutschland wahrscheinlich nichtmal die Schale Erdbeeren in der Größe und Qualität bekommen. Im gesamten war der Markt zwar groß und die Hallen architektonisch interessant, aber so sehr von den Socken gehauen hat er uns irgendwie auch nicht. Vielleicht mag es an Wochentag und der Uhrzeit liegen, aber wir hatten zumindest etwas mehr Andrang erwartet. Immerhin waren die Erdbeeren sehr lecker ;).

Am Flussufer der Daugava machten wir es uns unter einem Baum im Schatten gemütlich und schleckerten unsere frisch erworbenen Sachen. Danach besichtigten wir einmal die „Old Town“ und liefen bis in einen netten Park, wo ein kleiner Kanal durchfließt. Dort verbrachten wir den restlichen späten Nachmittag mit Faulenzerei, Spielen, undsoweiter (Erkennt ihr ein Muster 😉 ?). Nur den Sport ließen wir weg, denn das Training aus Warschau verpasste vor allem Theresa einen solchen Muskelkater, dass sie wahrscheinlich nichtmal einen Klimmzug geschafft hätte.

Zum Abendessen holten wir uns beim „Wok to Walk“ beide ein leckeres Gericht. Ist ja nicht so, als würden wir bald sowieso dauernd asiatisch essen… Allerdings hatten wir auf lettische Landeskost, die meist auf Fleisch beruht nicht so richtig Lust. Zurück im Hostel duschten wir erstmal beide, und vertrödelten den restlichen Abend mit organisatorischen Dingen und Fungi spielen.

Getreu dem Motto „no excuses“ stellten wir uns den Wecker am nächsten Morgen auf 8 Uhr um Laufen zu gehen. Nach der erfrischenden Runde und einer kurzen Dusche fanden wir unser „Frühstücksbuffet“ vor. Eine Mischung aus Amusement und Verwunderung, dass es tatsächlich überhaupt was gab trat ein: wusstet ihr, dass ein Apfel und ein Müsliriegel pro Person, abgepackt in der Plastiktüte mit der Beschriftung „Room 2“, als „mediterranes Frühstück“ gelten? Wir auch nicht. Naja, wieder was gelernt. Wir packten all unsere Sachen zusammen, brachten sie gegenüber beim Hauptbahnhof in ein Schließfach und machten uns auf den Weg in die Stadt, um an einer Free City Tour teilzunehmen. Schnell frühstückten wir noch ein Erdnussbutterbrot, da spazierte auch schon der fröhliche Guide heran. Toms, Mitte 30, an der Hand seine 8-jährige Stieftochter in spe Darta, führte uns mit seiner fröhlichen Art durch Rigas Altstadt und brachte uns die interessante Geschichte von Lettland und im speziellen Riga näher. Wir waren wirklich froh, dass wir an der Tour teilgenommen hatten, da man eine Stadt dadurch noch einmal ganz anders kennenlernt.

Bis der „Latvijas Ekspresis“, unser Zug von Riga nach Moskau, abfuhr waren noch ein paar Stunden Zeit. Zu großen Taten waren wir allerdings nicht mehr aufgelegt und so machten wir uns auf den Weg zurück in den netten Park um dort etwas zu chillen.

Die Zeit verging dann doch wie im Fluge und ehe wir uns umsehen konnten, fanden wir uns am Gleis wieder. Ticket und Reisepass vorgezeigt standen wir etwas verwirrt im Zug, bis wir endlich unsere Plätze fanden. Wenn man nicht weiß, wie der Laden hier läuft, kann einem das sehr zum Verhängnis werden:

Der Zug hat prinzipiell zwei verschiedene Abteiltypen, die aber baugleich sind und nur anders gebucht werden: Der Waggon hat lauter Trennwände und gliedert die Plätze in ein Sechser-Sitzabteil bzw. Vierer-Schlafabteil. Es sind aber grundsätzlich vier Pritschen vorhanden: Bucht man einen Sitzplatz, so bekommt man einen der sechs Plätze auf der unteren Liege zugewiesen, die oberen Pritschen bleiben prinzipiell frei. Bei einem Schlafplatz werden die Pritschen als einzelne Plätze verbucht. Ein älterer russischer Opi hatte sich zu Herzen genommen, uns zu helfen, als er merkte, dass wir nicht wussten, wie der Zug hier funktioniert. Er verzweifelte etwas daran, Yannick alles zu erklären, als er merkte, dass wir nicht wirklich verstanden was er meinte. Aber immerhin klatschte er panisch Yannicks Tagesrucksack auf eine der oberen, freien Liegen. Im gleichen Waggon wie wir saß auch ein Lette, der fließend Deutsch spricht. Als sich das ganze Gewusel etwas beruhigte und wir immer noch rätselten was es mit den doppelten Platznummern auf sich hat, fragte Theresa ihn in Ruhe und er erklärte uns das oben beschriebene System. Aha! Jetzt haben wir es auch verstanden. Da ein Waggon prinzipiell 50 Schlaf- und 75 Sitzplätze hat, berichtete er uns, dass meist doch fast alle eine Liege bekommen, da selten alle Plätze besetzt seien. Es empfiehlt sich jedoch, die Liegen mit Gepäck zu reservieren, da „wer zuerst liegt, liegt“. Danke deshalb, lieber russischer Opi, der uns mit Yannicks Rucksack zumindest eine Pritsche sicherte.

Riga selbst hat uns gut gefallen, die Stadt ist sauber und zumindest die Innenstadt auch schön angelegt. Wie sich an den vielen deutschen Touristen zeigt, wird Lettlands Hauptstadt immer beliebter bei den Deutschen, was wir gut nachvollziehen konnten. Einen Wochenendausflug oder auch einen etwas längeren Aufenthalt kann man hier gut verbringen und das nahegelegene Meer soll ja auch sehr schöne Strände haben…

Nun sitzen wir also im warmen Zug und fahren vorbei an einem Birkenwald nach dem Anderen… Wir sind gespannt, wie die Nacht, die Einreise nach Russland und die restliche Zeit bis zur Ankunft in Moskau so verlaufen…

Jetzt geht’s wirklich ins Ausland! Bis bald, Yannick und Theresa

1 Comments

  1. I’m very amused about your description!
    I laughed loudly and dad Always asked : “ What’s the matter? “ I whish you the very best, mum

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